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Exkurs  

   


"Verfahrene" Situation und wie man damit umgeht:


Ansage vom Beifahrersitz:

" Ich glaub wir sind falsch"

Die schwer bepackte Landjacht braust mit 95 Sachen über die kurvige, eng gesäumte Landstraße. Im Schlepptau haben sich mittlerweile 4 PKW angesammelt die ungeduldig auf ein 300 Meter gerades Stück Straße warten um an dem lahmen Ferienmobil vorbeizuziehen.
Der Fahrer bleibt noch gelassen und wertet die Äußerung als Information dass die BioNavi (beifahrende Ehefrau oder Ähnliches) auf dem Beifahrersitz intensiv nach Orientierung sucht. Kein Grund zur Aufregung.

Erste Eskalationsstufe:

"Halt doch mal an"

Der Steuermann zeigt erste nervöse Reaktionen. Sein Blick wechselt zwischen Geradeaus, Rückspiegel (wegen der mittlerweile 8 PKW) und ausgebreiteter Landkarte auf dem Schoß der BioNavi und versucht optimistisch zu erklären:

"Laut TomTom (Navigationsgerät) sind wir richtig"

" Der schickt uns doch sowieso immer über die falsche Route" folgt als Antwort.


Zweite Eskalationsstufe:

"Da vorne kannst Du anhalten"

Gemeint ist ein kleiner, nicht einmal 2 Meter breiter Feldweg der in Sekundenbruchteilen vorüber fliegt.

"Ich halte an wo ich meine dass es möglich ist" kommt es verstockt vom Fahrersitz. "Außerdem musst Du mal in den Rückspiegel schauen" Er meint die mittlerweile 12 Pkw hinter sich und hat ein Horrorszenario vor Augen bei dem sich alle Pkw ungebremst in das Heck der plötzlich verzögernden Landjacht bohren. Sein Blick schweift zu Horizont auf der Suche nach einer Ortschaft in der man ohnehin langsamer fahren muss und bestimmt auch gut anhalten kann. Aber die Straße windet sich schier endlos durch die unberührte Natur.

Dritte Eskalationsstufe

" Wir müssen wenden"


Der Fahrer reagiert verbal nicht mehr und sinniert etwas apathisch wie das jetzt wieder und ausgerechnet ihm passieren konnte und warum jetzt hier im Urlaub wo man doch alles andere gebrauchen kann außer Stress. Die BioNavi registriert die fehlende Reaktion vom Lenker der Landjacht und versucht die Situation zu meistern.

Vierte Eskalationsstufe:

"Da vorne kannst Du wenden"

Gemeint war wieder einmal ein winziger Feldweg oder eine Einfahrt zu einem Bauernhof. Hinter dem Womo spielen sich mittlerweile Überholmanöver der Pkw untereinander ab da der direkt hinter dem Womo fahrende Pkw entweder keine Power oder kein Selbstvertrauen oder beides hat um ein Überholmanöver zu starten. ( Es soll sogar Leute geben die gerade keine Hand freihaben weil sie das Handy vorm Herunterfallen festhalten müssen).

Der Fahrer verliert die Fassung:

"Ich kann jetzt hier nicht wenden, das siehst Du doch!!!"

Spätestens jetzt ist eine Situation entstanden die ernsthafte Auswirkungen auf den folgenden Urlaub oder den Fortbestand der Beziehung (gerade im Wiederholungsfall) haben kann.
Daher kann man jetzt nur noch De-Eskalation betreiben.

Einzig mögliche Maßnahme: Eisiges Schweigen, weiterfahren und hoffen dass irgendwann entweder eine Ortschaft kommt (sehr wahrscheinlich in Mitteleuropa) oder die Pkw - Schlange sich in Luft aufgelöst hat weil sie alle plötzlich abgebogen sind (eher unwahrscheinlich) und man einfach anhalten kann.

Nach dem erhofften und sicherlich irgendwann eintretenden Stillstand des Mobil folgt die Wiederaufnahme der Kommunikation mit sanften Tönen, Entsorgung des TomTom in das Handschuhfach und gemeinsames Studium der Karten. Es folgen "Zielvereinbahrungen":

"Lass uns jetzt die Route nehmen dann kommen wir bestimmt dort raus und das passt dann"

"Ja ja, so machen wir das"

Hoffnungsvolles Fortsetzen der Fahrt.



Vermeidungsstrategien:


- Für die BioNavi:
Wahre Absichten verschleiern: Anstelle dem Kommando "Anhalten" besser wirkungsvolle Argumente vorschieben: "Liebling, ich muss mal und Du weißt ich geh nicht gern während der Fahrt aufs Klo". Sofort werden alle Fürsorgeinstinkte beim Fahrer geweckt und er wird alles daran setzen das Mobil zum Stillstand zu bringen.

- Für den Fahrer:
Den Teil des Gehirns welcher für die Phantasie zuständig ist, abschalten. (soll beim männlichen Geschlecht relativ einfach sein). Dadurch entfällt das Horrorsszenario der auffahrenden Pkw. Sobald das Kommando kommt "Anhalten": Warnblinkanlage einschalten und voll auf die Bremse.


So oder ähnlich spielen sich in der Urlaubszeit tagtäglich in vielen auf der Reise befindlichen Wohnmobile kleine Dramen ab die der breiten Öffentlichkeit bisher verborgen waren.

 


 





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